Folge #108 Wahrheit über Burnout: 7 Mythen aufgedeckt
Über Jacob Drachenberg
Mehr zu Jacob und seiner Geschichte findest du hier.
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Drachenberg-Impuls der Woche – Dein mentaler Espresso zum Wochenstart
In dieser Folge geht es um Burn-Out. Dazu beleuchte ich die 7 größten Mythen rund um das Thema.
Viel Spaß beim Hören
Dein Jacob
Die 7 größten Mythen über Burnout
Oft sieht man, dass zu viel Stress eine Burnout-Erkrankung auslösen kann. Höchste Zeit, dass wir uns mal die Top 7 Mythen rund um Burnout anschauen.
1. Burnout ist keine Krankheit
Diese Antwort ist zweigeteilt
a) Sinn und Unsinn von „Krankheiten“
„Krankheit“ ist ein von Menschen „erfundenes” Konzept. Durch Diagnosen kann der Arzt sehr einfach eine Therapie einleiten, die bei vielen anderen Menschen (mit gleicher „Krankheit“ bzw. Symptomen) auch schon geholfen hat.
Auch der Patient bekommt durch die Diagnose seiner „Krankheit“ ein Erklärungsmuster an die Hand und es gibt ihm Sicherheit.
Problematisch wird es, wenn Menschen mit bestimmten Krankheiten stigmatisiert werden. Der Mensch ist mehr als seine „Krankheit“ oder seine „Gesundheit“. Mensch-Sein bedeutet Lebendigkeit, Verletzlichkeit, Rhythmus des Lebens, Schwäche- und Stärke-Phasen.
Kein Mensch möchte gerne „krank“ sein: Nicht körperlich „krank“ und auch nicht psychisch „krank“
Wichtig: Es ist nicht „Der Depressive”, “Der Alkoholiker” oder “Der Burnout-Erkrankte“, sondern ein Mensch mit einer depressiven Episode, einer Alkoholsucht oder einer Burnout-Erkrankung.
Ein Mensch ist mehr als seine Krankheit!
Es gibt immer auch “gesunde Anteile” in uns, egal wie krank wir sind.
b) Ist „Burnout“ nun eine Krankheit?
„Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung inklusive Ausgebrannt-Sein“. So steht es im ICD 10 (Das wichtigste Klassifikationssystem für psychologische Diagnosen) unter Z73. Es ist dabei aber keine eigenständige Hauptdiagnose, sondern eine Zusatzdiagnose.
Das ist eine menschlich vorgenommene Klassifikation von internationalen Expertengruppen. Diese Experten beobachten „die Realität“ und legen dann Kriterien für Einordnungen fest.
Es gibt für Burnout mehr als 130 Symptome und die Überlappung mit anderen Störungsbildern ist sehr groß (z.b Depressionen).
Nach aktuellem Stand gilt es also nicht als eigene Krankheit, sondern nur als Zusatzdiagnose, es wird aber oft im allgemeinen Sprachgebrauch als Krankheit verwendet, da es sich einfach “besser” als Depression oder affektive Störung anhört.
Aber: Ab 2022 tritt der neue ICD 11 der WHO in Kraft, in welchem Burnout als eigene Krankheit anerkannt ist.
Dieses hin und her zeigt sehr gut die Komplexität von psychischen Erkrankungen, da man unser Gehirn aktuell nicht einfach “röntgen” kann und dann eine Depression sieht, wie z.B. bei einem Knochenbruch.
Oft sieht man nur die Symptome, aber die Gründe dafür können völlig unterschiedlich sein…
2. Immer mehr Menschen brennen aus
Die Zahl der “Burnout-Diagnosen” hat sich im letzten Jahrzehnt beinahe verdreifacht. Doch bedeutet das auch, dass es wirklich mehr Menschen mit Burnout gibt?
Schauen wir uns das einmal an:
Es werden viele reißerische Artikel zum Thema Burnout veröffentlicht (digitale Verlage verdienen Geld bei jedem Klick, der getätigt wird)
Während meines Psychologiestudiums an der HU Berlin war Statistik eines meiner Lieblingsvorlesungen, weil wir dort gelernt haben solche Zahlen zu interpretieren.
Diese Artikel sagen immer: “Dramatisch, die Zahlen der „Burnout-Diagnosen“ haben sich im letzten Jahrzehnt beinahe verdreifacht.”
Achtung:
Das heißt aber nicht, dass auch mehr Personen wirklich an Burnout erkranken.
Es ist dagegen sehr wahrscheinlich, dass Ärzte in den letzten Jahren viel sensibler mit dem Thema geworden sind, d.h., dass bei Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen usw. auch ein Burnout in Betracht gezogen wird und dahingehend tiefergehende Fragen an den Patienten gestellt werden.
Die logische Folge:
Burnout-Erkrankungen werden heute mit höherer Wahrscheinlichkeit richtig diagnostiziert und sind früher eher unentdeckt geblieben. Beispiel: Würzburg ist die ADHS-Welthauptstadt mit 75% mehr ADHS-Diagnosen als im Bundesdurchschnitt. Lässt das den Umkehrschluss zu, dass es in Würzburg 75% mehr Kinder gibt, die unter ADHS leiden?
Nein! Die Statistik ist verfälscht, weil Würzburg deutschlandweit mit Abstand die meisten Kinder und Jugendpsychiater hat. Es gibt also ein viel höheres Bewusstsein und viel mehr Jugendpsychiater, die überhaupt die Möglichkeit haben ADHS zu diagnostizieren…
Auch das generelle Bewusstsein für Burnout in der Gesellschaft hat zugenommen (durch Artikel, TV, Podcasts, prominente Fälle, etc.). Das hat zur Folge, dass der Patient von heute viel aufgeklärter ist und eventuell beim Arzt proaktiv nach Burnout fragt.
Das alles führt dazu, dass wir zwar einen sichtbaren Anstieg an Ausfällen wegen Burnout haben.
Dies bedeutet aber nicht unbedingt, dass es auch einen wirklichen Anstieg gibt, sondern erst einmal nur, dass die Diagnose öfter gestellt wird.
3. Burnout reden sich die Leute ein
Kein Mensch sucht sich Krankheiten aus. Menschen, die vom Burnout betroffen sind, haben einen hohen Leidensdruck, bis hin zu Suizidgedanken.
Aussagen wie „hab dich nicht so“ oder „du redest dir alles nur ein“ machen alles nur noch schlimmer. Wer ernsthaft solche Aussagen tätigt, hat entweder selbst massive Angst vorm Burnout oder ist einfach ein nicht sehr einfühlsamer Mensch.
Selbstverständlich findet viel im Kopf statt, aber das haben psychische Krankheiten leider Gottes so an sich.
Zu Menschen mit Traumata oder Panikattacken würde auch keiner sagen, dass „sie sich alles nur einreden“ – dabei wird Angst auch im Gehirn erzeugt
4. Früher gabs kein Burnout
Das Phänomen Burnout wurde in 1970er Jahren in Pflegeberufen entdeckt. Gab es also vorher kein Burnout? Wurde die Krankheit erfunden?
Das ist natürlich Quatsch. Es gab vorher selbstverständlich Menschen die sich ausgebrannt gefühlt haben und nicht mehr leistungsfähig waren.
Nur wurde dazu halt nicht Burnout gesagt bzw. es wurden nur die körperlichen Begleiterscheinungen gesehen und nicht die Ursache. Das Verständnis der Verbindung von Körper und Geist ist zeithistorisch sehr jung. Psychosomatische Kliniken und Denkweisen sind eine sehr junge Entwicklung (im Vergleich zur reinen Biologie und körperlichen Krankheiten).
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5. Burnout kommt von heute auf morgen
Die Antwort hier ist ein ganz klares Jein:
Dazu hier die 12 Phasen eines Burnouts (laut Freudenberger / North)
Ein Burnout ist also theoretisch nichts was über Nacht passiert, aber:
Es passiert öfter, dass alle Frühwarnzeichen nicht bewusst wahrgenommen werden und dann der große Knall kommt. Das ist dann aber die selektive Wahrnehmung bzw. „Ausblendung“ des Betroffenen.
Wichtig: Eine Burnout-Erkrankung geht vorüber und bietet (bei allem Leid) eine enorme Chance zu wachsen. Jeder kann lernen Stress gesund zu bewältigen.
6. Urlaub hilft bei Burnout
Ausgebrannt-Sein hat viel mit Energie bzw. „fehlender Energie“ zu tun. Wir Menschen haben nicht unendlich Energie, d.h. wenn wir über einen längeren Zeitraum zu viel Energie ausgeben und zu wenig Kraft tanken, dann fühlen wir uns irgendwann ausgebrannt.
Deshalb wird oft gesagt: “Mach doch einfach mal einen Urlaub.”
In frühen Phasen des Burnouts kann der Teufelskreis durch tiefe Erholung und Entspannung unterbrochen werden und Urlaub also wirklich helfen.
In späteren Phasen (ab Phase 6 – sozialer Rückzug) des Burnouts passiert es aber sehr häufig, dass man sich selbst nach einem Urlaub ausgelaugter als vorher fühlt.
Obwohl eigentlich Entspannung angesagt ist, haben die Betroffenen permanentes Gedankenkreisen.
Zukunftssorgen und auch ständige Zweifel an der eigenen Person verhindern tiefe Entspannung. Das Gehirn bezahlt viel „kognitive Steuer“ auf die ständigen Sorgen, weil die Gedanken zu keiner Lösung führen, sondern die Selbstzweifel eher verstärken.
Das ist der Wendepunkt und jetzt verschlimmert Urlaub eher die Situation. Es kann jetzt sogar passieren, dass man sich in eine handfeste Depression begibt.
Durch Reizarmut und fehlende Aktivierung wird alles noch „grauer“ und der Teufelskreis kommt erst recht in Fahrt
Spätestens ab hier unbedingt den Hausarzt aufsuchen und weitere Schritte planen.
Wichtig:
Eine Burnout-Erkrankung sowie auch eine depressive Episode gehen vorüber und bieten (bei allem Leid) eine enorme Chance zu wachsen. Jeder kann lernen Stress gesund zu bewältigen.
7. schwache Menschen bekommen Depressionen, starke Menschen Burnout
Dieser Satz ist kompletter Bullshit –> Krankheiten haben nichts mit einer angeblichen „Stärke“ oder „Schwäche“ (wer auch immer das definieren sollte) eines Menschen zu tun. Es brechen sich ja auch nicht nur „schwache Menschen“ das Bein oder bekommen einen Herzinfarkt –> Warum sollte das auf einmal bei psychischen Krankheiten der Fall sein?
Sich die eigene Menschlichkeit bzw. Verletzlichkeit einzugestehen und zu akzeptieren, ist ein „starker Prozess“ – das Gegenteil von Schwäche.
Die Handbremse zu ziehen (weil alle Frühwarnzeichen rot blinken) und temporär aus einem System auszusteigen, hat nichts mit „Schwäche“ zu tun, sondern mit gesunder Selbst-Achtung.
Es ist „stark“ sich den engsten Vertrauten zu öffnen und das professionelle Gespräch beim Hausarzt aufzusuchen.
Es hat nichts mit „Stärke“ zu tun, alles selbst lösen zu wollen.
Es hat nichts mit „Schwäche“ zu tun, ein Mensch (kein Roboter) zu sein.
Es ist ein Prozess und es tut weh, weil wir unser „perfektes“ Selbstbild crashen. Ich weiß wovon ich rede: Als ich damals den „Superman-Anzug“ abgeben musste, war das ein harter Schritt… aber erst dann war der Weg frei für Menschlichkeit, echten Selbst-Bewusstsein und Achtsamkeit.
Einen großen Vorteil hat „Burnout“ –> Phasen mit wenig Energie können jetzt viel griffiger und klarer nach Außen kommuniziert werden.
Keiner erzählt gerne, dass er eine depressive Episode hat. Beim Burnout schwingt dagegen mit, dass man „sehr viel geleistet hat und für etwas brennt“.
Auch viele Stars und Manager haben sich in der Öffentlichkeit zu ihrem Burnout geäußert. Die Botschaft: Keiner hat sein Leben immer zu 100% im Griff und Energielöcher sind menschlich.
Wir sind alle Menschen (mit Gefühlen, Bedürfnissen und Gedanken). Menschen können krank werden, körperlich und psychisch.
Burnout (und auch depressive Episoden) sind Erkrankungen. Damit sehr gut behandelbar und zeitlich begrenzt (auch wenn es sich in dem Moment nicht so anfühlt)
So unendliche viele Menschen kommen nach einem Burnout stärker zurück und nehmen die Chance der Veränderung war.
Burnout fühlt sich wie ein Rückschritt an! Burnout ist in Wahrheit aber ein Anlauf für mehr Menschlichkeit, nachhaltige Gesundheit und Bewusstsein.
Shownotes:
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